L.S. Lowrys Gemälde sind berühmt für die Darstellung von Szenen aus dem Arbeitsleben des 20. Jahrhunderts in Nordwest-England. Geprägt von einem unverwechselbaren Stil, der in industrialisierten urbanen Umfeldern „Strichmännchen“ abbildete, wies die Kunstgesellschaft die Verdienste von Lowrys Gemälden wie so oft bei großen Malern für viele Jahre zurück.
Doch Jahrzehnte nach dem Tod des Künstlers ist klar, dass Lowrys bekannte Werke weit mehr als nur Blicke auf Ameisen-gleiche Menschen zu bieten haben. In der überwiegenden Mehrheit der Gemälde des Künstlers gibt es eine Vielzahl von kurioserweise gleichzeitig unauffälligen und offensichtlichen Darstellungen menschlichen Leidens, die in den alltäglichen Szenen des industriellen Englands versteckt sind.
Nehmen wir zum Beispiel das 1926 entstandene Gemälde “Ein Unfall“. In diesem Bild ist eine große Gruppe von Menschen zu sehen, die in einen See starren. Das mag vollkommen banal erscheinen. Ein echter lokaler Selbstmord inspirierte das Bild jedoch tatsächlich, und die Streichholzmänner wurden alle zusammengetrommelt, um eine durchnässte Leiche zu betrachten.
In Lowrys Werk ist dies kein isoliertes Beispiel – Faustkämpfe, Menschen, die aus ihren Häusern vertrieben werden, und Illustrationen von Isolation sind alle üblich. In der Zwischenzeit machen die restlichen Streichholzmänner jedes Bildes mit ihrem täglichen Leben weiter, fast ohne das Leid vor ihrer Haustür zu bemerken. Gerade das ist es, was unterschwellig einen unheimlichen Effekt erzeugt wenn der Betrachter zum ersten Mal ein Lowry Bild erblickt, auch wenn er den Grund für den Schrecken noch gar nicht entdeckt hat.
Die versteckte Nachricht? Ungeschönt ausgedrückt: wir sind ganz alleine und unser Schmerz ist bedeutungslos. Trotz der Kluft des Unterschieds zwischen industriellem England und dem modernen Leben sind für viele die verborgenen Botschaften, die in Lowrys Werk eingeprägt sind, heute so wahr wie als der Künstler zum ersten Mal Farbe auf Leinwand brachte.